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09.2019

Shizuko Yoshikawa (1934-2019)

Zürich,
September 2019
. Ende August fand im Museum Rietberg in Zürich eine Gedenkfeier statt, für die im Frühjahr verstorbene Künstlerin im Bereich der konstruktiv-konkreten Kunst und ehemalige Studentin der HfG Ulm, Shizuko Yoshikawa

Bei dieser Gedenkfeier hielt Margit Weinberg-Staber, Autorin und Absolventin der HfG Ulm, eine Rede, die wir nachstehend in Auszügen
dokumentieren.

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Zürich, September 2019. Ende August fand im Museum Rietberg in Zürich eine Gedenkfeier statt, für die im Frühjahr verstorbene Künstlerin im Bereich der konstruktiv-konkreten Kunst und ehemalige Studentin der HfG Ulm, Shizuko Yoshikawa.

Bei dieser Gedenkfeier hielt Margit Weinberg-Staber, Autorin und Absolventin der HfG Ulm, eine Rede, die wir nachstehend in Auszügen dokumentieren.

„Vermutlich gehöre ich zu denen, die Shizuko am längsten gekannt haben: seit Anfangs der 1960er Jahre. Von Japan kommend, hatte sie zwei Jahre an der Hochschule für Gestaltung in Ulm die Abteilung Visuelle Kommunikation besucht, studierte dort auch bei Josef Müller-Brockmann, ihrem späteren Ehemann.

Ich hatte mein Studium bereits abgeschlossen. Kaum ein Jahrzehnt überdauerte das Experiment innovativer Unterrichtskonzepte in dem von Max Bill so klar und zweckmäßig schön, in die karge Hügellandschaft eingefügten Gebäudekomplex am Stadtrand von Ulm. Von ihm, dem universalen Gestalter und Künstler mit den klaren Konzepten, hat sie viel gelernt, nicht zuletzt für ihre spätere Laufbahn als Malerin.

Wer dort war, in Ulm, der hat die Aufbruchsstimmung im Nachkriegsdeutschland nie vergessen. Es sollte auch eine hoffnungsvolle Neuorientierung der Bildungssysteme werden: das Ulmer Experiment ein Sonderfall, dessen Lockruf auch in Japan, ebenfalls zerstörerischen Kräften entronnen, gehört worden war. Noch heute trifft sich der club off ulm der ehemaligen Studierenden alljährlich in den Räumlichkeiten von damals. Bei diesem Anlass bin ich Shizuko immer wieder begegnet.

Mit Wehmut blicke ich auf eine Gruppenaufnahme. Sie zeigt uns grau gewordene Veteranen im legendären und in vielen Fotografien festgehaltenen Treppenhaus der Schule. Es war der Verbindungsort der ganzen architektonischen Anlage: Treffpunkt im Fluss des Schulbetriebs, Zweckmässigkeit im genauen Maß der Architektur – und so wirkt es bis heute nach.

Wie viele junge Menschen aus allen Weltgegenden waren wir dem Ruf aus der schwäbischen Provinz gefolgt und hofften, im Zauberberg der Zukunftsträume angelangt zu sein. Öffnete sich da nicht der Gral einer progressiven Gestaltung und deren Vermittlung? Erst in Zürich auf dem Boden der Realität zurückgekehrt, kamen Shizuko und ich wirklich in Kontakt; gemeinsame Interessen und verwandte Berufsziele brachten uns zusammen.

Es war nicht einfach, hier, zumal als junge Frauen, in der kühl alles Fremde empfangenden Limmatstadt Fuss zu fassen:
Für sie, aus einem konträr gearteten Kulturkreis zugezogen, noch viel mehr als für mich, die Zuwanderin aus dem Nachbarland Deutschland. …..
Shizukos Studienjahre in Ulm vor der Übersiedlung nach Zürich waren vermutlich der Kulturschock im Prozess der Aneignung zweier Welten. Ich denke, dass für sie das Glück der Selbstfindung mit Josef-Müller-Brockmann gekommen ist. Gesprochen hat sie darüber nie.

Sie arbeitete zunächst als Grafikerin in seinem Zürcher Atelier. Schliesslich erfüllte sie sich den Herzenswunsch, ihre Zukunft ganz der Malerei zu widmen. Es entstanden im Lauf vieler Jahre ihre Bilderzyklen wie die reliefartigen »Farbschatten«, dann »Zwei Energien« und schließlich »Energien aus der Leere«, je in makellos helle Bildgründe integriert. Wie es oft der Fall ist, wenn man sich in einer erlernten Sprache ausdrückt, erfand Shizuko ganz besondere, wirkungsvolle Wortbilder, um ihre Bildzyklen zu beschreiben. Nicht zuletzt im zusammenfassenden Überbegriff der »Netzstrukturbilder«. Nicht zu vergessen ihre eindrücklichen Arbeiten im öffentlichen Raum, die ihr viel bedeutet haben…..

Sie ist angekommen in der Kunstwelt westlicher Prägung, und wahrte zugleich die feinfühlige Ästhetik der japanischen Tradition. »Zwei Energien« also die bei uns bleiben….

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Redaktion: Kai Ehlert (V.i.S.d.P.)

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